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Einige Hörbeispiele zur Auswahl (wird gelegentlich ergänzt)

 

Gebaute Interviews

5000 Jahre Aachener Geschichte

Sechs Monate hatte die Archäologie Zeit, um am Elisengarten in Aachen
nach geschichtlichen Hinterlassenschaften zu graben. Und sie fanden erstaunliche Zeugnisse. Feuersteinklingen für Steinbeile aus dem Jahre Dreitausend vor Christus, Keramik- scherben aus der Zeit der Kelten, Bauwerke aus römischer, karolingischer und mittelalterlicher Zeit.
Handwerkergebäude, Gräber und Kinderspielzeug. Fünftausend Jahre Geschichte auf einer relativ kleinen Fläche. Insgesamt mehr als sechzigtausend Fundstücke wurden eingesammelt.
Die Sensation: Aachen ist seit Christi Geburt kontinuierlich besiedelt.

 

5000 Jahre Aachener Geschichte

 

5000 Jahre Aachener Geschichte
KurzFeature von Axel Gauster
© 2009 Axel Gauster
Erstpublikation in einer anderen, leicht gekürzten Form: 08.04.2009
Belgischer Rundfunk, Eupen (BRF) Magazin "Brasserie"
Fotos und Sprecher: Axel Gauster
Länge(Web-Publikation): 8'03''  (ohne Musikanteile)
mp3pro; 4,29 MB
 


Bemerkung:
Musikanteile sind im hier veröffentlichten RadioFeature - Audio aus urheberrechtlichen Gründen nicht enthalten.



Manuskript RadioFeature:

5000 Jahre Aachener Geschichte.
Die archäologischen Ausgrabungen zwischen August 2008 und Februar 2009 auf dem Elisengarten in Aachen.

Musik (Hildegard von Bingen: 'O frondes virga') aufblenden, frei stehen lassen, unterlegen, im nächsten O-Ton (Schaub 33'') abblenden.

Sprecher 38''
Sechs Monate hatte die Archäologie Zeit, um am Elisengarten in Aachen nach geschichtlichen Hinterlassenschaften zu graben. Und sie fanden erstaunliche Zeugnisse. Feuersteinklingen für Steinbeile aus dem Jahre Dreitausend vor Christus, Keramikscherben aus der Zeit der Kelten, Bauwerke aus römischer, karolingischer und mittelalterlicher Zeit. Handwerkergebäude, Ausgrabungs-ArealGräber und Kinderspielzeug. Fünftausend Jahre Geschichte auf einer relativ kleinen Fläche. Insgesamt mehr als sechzigtausend Fundstücke wurden eingesammelt. Die Sensation: Aachen ist seit Christi Geburt kontinuierlich besiedelt. Andreas Schaub, Stadtarchäologe von Aachen.

O-Ton: Schaub 33''
Dadurch, dass wir eben aus der Jungsteinzeit nicht nur diese Steinbeile gefunden haben, sondern jetzt auch Keramik, müssen wir davon ausgehen, dass die hier auch wirklich gelebt und gesiedelt haben. Gerade Keramikabfälle sind immer deutliche Siedlungsanzeiger. Insofern gibt es eine erste Besiedlung tatsächlich in diesem Zeitraum im Bereich des Elisengartens. Das gilt für die keltische Epoche auch. Und für die römische Zeit können wir eben sagen, dass die Besiedlung wirklich um die Christi Geburt begonnen hat. Wir haben Funde einschlägiger Keramikobjekte, auch Münzen, die uns das eindeutig belegen. Seit den Römern, seit der Zeit um Christi Geburt; können wir jetzt definitiv sagen; gibt es eine durchgehende, kontinuierliche Besiedlung.

 

Musik (Anonymes englisches Lied 'Fuweless in the frith') aufblenden, frei stehen lassen,
unterlegen, im nächsten O-Ton (von Haehling 7'') abblenden.

Sprecher 16''
Aachen hatte als römischer Militärstützpunkt keine grössere Bedeutung. Und es gab auch keine Civitas Romana – also eine Gesamtheit freier Bürger, denen das römische Bürgerrecht zustand.
Professor Doktor Raban von Haehling, Althistoriker am Historischen Institut der RWTH Aachen.

O-Ton: von Haehling 7''
Wir wissen nicht einmal, wozu Aachen genau gehörte, zu welcher Civitas. Zu der von Tongeren oder zu Köln.

Sprecher 4''
Also hat sich das Historische Institut den Auftrag gegeben …

O-Ton: von Haehling 27''
...eine Bestandsaufnahme zu machen, zu welcher Provinz gehört Aachen. Zur Germania oder zur Belgica. Wir können diese Frage nur lösen, wenn wir sie überhaupt lösen können, durch neue archäologische Funde. Ausgrabungs-DetailDer Archäologe arbeitet mit Überresten; mit Bodenfunden, während ganz generell der Historiker mit Quellen literarischer Provenienz arbeitet.

Sprecher 5''
Zum Beispiel mit einer römischen Tempelbauinschrift aus dem zweiten Jahrhundert nach Christus.

O-Ton: von Haehling 19''
Da ist von einer Frau die Rede, die eine Stiftung der Göttin Isis weiht. Es kann sein, dass es hier einen Isistempel gegeben hat, aber wir können es noch nicht beweisen. Es spricht vieles dafür, dass das römische Aachen nicht nur aus Thermen bestanden hat.

 

Sprecher 11 ''
Und dieser Isis-Kult gehörte nicht zur römischen Götterwelt, sondern zur altägyptischen Religionsvorstellung. Die Menschen haben sie in ihre Glaubenswelt aufgenommen und mit nach Aachen gebracht.

Musik (Anonyme Pavane 'Paduana del Re') aufblenden, frei stehen lassen, unterlegen, im nächsten O-Ton (Schaub 34'') abblenden.

Sprecher 11 ''
Im Elisengarten hat es mittelalterliche Ansiedlungen gegeben. Dreißig Gebäude sollen es gewesen sein. Das verraten die zahlreichen archäologischen Funde. Andreas Schaub, Stadtarchäologe von Aachen.

O-Ton: Schaub 34''
Wir haben diese Zeitepoche des elften bis vierzehnten, fünfzehnten Jahrhunderts, wo Mittelaltelicher Brunnenwir auch durch Schriftquellen wissen, dass die Doppelabtei von Stavelot Malmedy hier Besitz hatte. Genau in diesem Bereich des Elisengartens. Da haben wir eine ganze Menge gefunden. Reste der Häuser, aber vor allem – und das war für uns so wichtig – Reste der Menschen und dessen was sie taten. Wir haben also sechs Gräber aus dieser Epoche gefunden; sechs Skelette, die uns tatsächlich zu den Menschen direkt führen. Wir haben Handwerkerplätze gefunden. Diese mit Holz verschalten und aufwendig ausgekleideten Gruben, in denen das Grabungsteam vermutet, dass dort Gerberei in irgendeiner Weise stattgefunden hat.

Sprecher 3''
Dazu gehörten wohl auch die Knochenschnitzer.

O-Ton: Schaub 18 ''
Im Prinzip konnten die aus Knochen fast alles machen, was man heute mit Kunststoff, mit Plastik herstellt. Das konnten Knöpfe sein. Das konnten – in diesem Fall wie nachgewiesen – Perlen sein für solche Rosenkranzketten. Das konnten Messergriffe sein. Kämme. Nadeln verschiedener Art. Wir haben auch von vielen solcher Produkte einfach Abfallreste gefunden, was uns halt die Werkstatt dann belegt.

Sprecher 8''
Und Kinderspielzeug wurde auch gefunden.
Das archäologische Bild rundet also das historisch überlieferte Bild ab.
Aber...

O-Ton: Schaub 3''
… wer darin gelebt hat und was die getan haben, das finden jetzt die Archäologen heraus.

Sprecher 10''
Mehr als sechzigtausend Funde warten auf eine erste, genauere Auswertung. Die wird wohl sechs Monate dauern. Und eine öffentliche Vorstellung dieser Erkenntnisse ist also für den Spätsommer geplant.

Musik (Anonymes englisches Lied 'Fuweless in the frith') aufblenden, frei stehen lassen, unterlegen, im nächsten O-Ton (Schaub 1'02'') abblenden.

Sprecher 7''
Andreas Schaub, Stadtarchäologe von Aachen, zu der Frage, warum die Menschen auf dem Schutt ihrer Ahnen bauen.

O-Ton: Schaub 1'02''
Das hat unterschiedliche Gründe. Also – diese Frage taucht natürlich berechtigterweise immer wieder auf. Bei Siedlungen Holzwandresteauf dem flachen Land, die beispielsweise jetzt auch jahrhundertelang landwirtschaftlicher Tätigkeit ausgesetzt waren, ist durch eine immerwährende Pflugtätigkeit die Schichtenbildung immer wieder zerstört worden. Deshalb gibt es dort diesen Schichtenaufbau nicht. In den kontinuierlich besiedelten Städten ist es durchaus so, dass man immer wieder auf die alten Häuser gebaut hat. Man hat sich der Mühe entzogen, grosse Mengen von abgebrochenen oder verbrannten Gebäuden irgendwo vor die Stadt zu karren. Man hatte damals keinen Bagger und keinen Lkw. Das war immer Handarbeit und musste wohl überlegt sein. Man hat also beispielsweise auch hier im Elisengarten den Brandschutt des zweiten Jahrhunderts einfach einplaniert und um neu 'drüber bauen zu können, wieder eine Bauplanierung eingebracht und darauf wieder Fussböden. Wenn so ein Haus wieder abgebrochen wurde, hat man wieder aufplaniert. Und so siedelt sich das eben Stück für Stück nach oben. Man hat hier in Aachen ganz speziell immer mit der Feuchtigkeits- problematik zu kämpfen; mit Wasser, mit den Quellaustritten. Weshalb man bisweilen auch ganz gezielt Aufschüttungen vorgenommen hat, um solche feuchten Zonen zu verdichten; um den Bauwerken halt nicht zu schaden. Am Elisengarten sicher rekonstruierbar bis auf drei Meter Mächtigkeit.

Sprecher 8''
Genau dieser Umstand ist aber auch ein Vorteil für die Archäologen: Sie graben sich einfach in die gut versiegelte Vergangenheit hinein.

Musik (Guillaume de Machaut 'Tels rit au main') aufblenden, frei stehen lassen, unterlegen, im nächsten O-Ton (van Haehling 50'') abblenden.

Sprecher 10''
Im Aachen der Römerzeit hat es mindestens zwei Thermen gegeben.
Sagt Professor Doktor Raban von Haehling, Althistoriker am Historischen Institut der RWTH Aachen.

O-Ton: von Haehling 50''
Es ist jetzt durch neue Vermessungen deutlich geworden, dass es nicht kleine Bäder sind, sondern das diese Heilbäder zu den Grössten im römischen Reich gehören. Diese Thermen müssen natürlich auch verwaltet werden; braucht man ein umfangreiches Personal. Wo sind die dann geblieben? Es muss also ein logistisches Umfeld gegeben haben, das man in dieser Form immer vermutete, aber noch nicht beweisen konnte. Durch diesen neuen Umstand, das die Möglichkeit beAusgrabungs-Detailsteht, gezielte Ausgrabungen zu machen, können wir sehr viel präzisere Aussagen machen. Aachen hatte seinen Reiz und seine Qualität durch die Heilquellen. Diese Heilquellen müssen einem grösseren Publikum zur Verfügung gestanden haben.

Sprecher 9''
Dennoch: Thermen definieren nach Meinung der Historiker noch nicht den Grad einer Verstädterung. Nach diesen neuen Vermessungen am Ausgrabungsort Elisengarten …

O-Ton: von Haehling 17''
… kommt man doch zu einer sehr grossen Dimension. Da müsste dann auch ein Verwaltungszentrum gewesen sein. Wo könnte ein Forum gewesen sein? Wo könnte vielleicht sogar ein Theater oder Odeion, ein kleineres Theater hier gewesen sein.

Musik (Hildegard von Bingen: 'O frondes virga') am Textende aufblenden, unterlegen, nach Textende kurz frei stehen lassen, langsam abblenden.

Sprecher 3''
Genügend Gründe also für weitere Grabungen. Das historische Institut der RWTH Aachen und die Stadtarchäologe arbeiten nicht nur während der Ausgrabungen am Elisengarten eng zusammen. Sie bieten auch eine öffentliche Vortragsreihe an und dies mit grossem Publikumsinteresse. Thema: Das Römische Aachen.

 

Weiterführende Information:

Zeitreise
Aachener Geschichtsverein

Sammlung Crous Eine grosse Sammlung von Publikationen zur Aachener Stadtgeschichte.
Aachener Dom
Stadtgeschichte und Stadtentwicklung Aachen Ein öffentliches Web-Portal des 'Arbeitskreises für Denkmalpflege' und des 'Instituts für Städtebau und Landesplanung der RWTH'.

 

Links abgerufen im April 2009

 

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