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Einige Hörbeispiele zur Auswahl (wird gelegentlich ergänzt)

 

Gebaute Interviews

Die Heiligtumsfahrt Aachen 2007

In Aachen findet seit dem Mittelalter alle sieben Jahre die Heiligtumsfahrt statt. Zentraler Bestandteil ist das Zeigen der Reliquien. Die vielen Pilger mussten und müssen in Aachen untergebracht und verpflegt werden. Zum Teil stehen diese Orte rund um das Aachener Münster noch heute. Die Stadt wird für mehrere Tage ein multikulturelles und interreligiöses Zentrum.

 

Die Heiligtumsfahrt Aachen 2007

 

Die Heiligtumsfahrt Aachen 2007
KurzFeature von Marco Sparn + Axel Gauster  © 2007.
Erstpublikation: 21.07.2007
Fotos und Online-Text von Axel Gauster © 2007/2009.
Sprecher: Marco Sparn
Länge: 2'53" (Ausschnitt)


Die Aachener Heiligtumsfahrt fand zwischen dem 1. Juni und dem 10. Juni 2007 in Aachen und in Kornelimünster statt.

Aachen zählte bereits im Mittelalter neben Jerusalem, Rom und Santiago de Compostella zu den vier grossen Wallfahrtsstätten.
Ab dem neunten Jahrhundert fanden Wallfahrten nach Aachen statt. Der Aachener Dom, im Jahre 799 Ungarnkapelle Aachener Domals Marienmünster für Karl dem Grossen erbaut, wurde von seinem Gelehrten Einhard auch 'Basilika sanctae dei genetricis' genannt. Die Ungarn und Polen erhielten durch Ludwig dem Ersten eine eigene 'Ungarnkapelle', die an das Münster angebaut wurde. Die Pfalzkapelle Aachen  besass einen grossen Reliquienschatz, der in verschwenderisch geschmückten Schreinen wie zum Beispiel dem Marienschrein und dem Karlsschrein oder in Behältern aufbewahrt wurde. Kaiser Karl der Grosse erhielt diese Reliquien im Jahre 799 aus Jerusalem. Ihre Bedeutung verbreitete sich sehr schnell und so war Aachen im 14. und im 15. Jahrhundert der meistbesuchte Wallfahrtsort nördlich der Alpen.

Bald konnte die Aachener Pfalzkapelle durch einen neuen Chorbau, dem sogenannten 'Glashaus von Aachen' und durch weitere Kapellen erweitert werden. Die 'Aachen-Fahrten' fanden am 7. April 1312 ihre früheste urkundliche Erwähnung durch die Zeigung der Heiligtümer durch den Dechant und das Kapitel. Sie fanden ab dem Jahr 1349 in einem siebenjährigen Rythmus statt.
Der Ursprung des Siebenjahres-Rythmus ist jüdisch. Die Zahl sieben gilt als die Zahl der Vollendung - sieben mal sieben Jahre. Das darauffolgende Jahr wurde als Jubel- oder Sabbatjahr gefeiert und war Anlass für die Amnestie und für die Speisung der Armen durch ein Fünftel der Ernte. Jedes siebte Jahr wurde im siebten Monat am zehnten Tag zwei mal sieben Tage lang gefeiert.
Der Siebenjahres-Rythmus konnte nicht immer eingehalten werden. So wurde die Heiligtumsfahrt ausgesetzt während des dreissigjährigen Krieges ab 1580; während der französischen Revolution im Jahre 1797; während des ersten Weltkrieges im Jahre 1916 und des zweiten Weltkrieges im Jahre 1944.

Die vielen PilgerInnen fanden in den 'gastlichen Stätten' und Herbergen, den sogenannten 'AchhäusernGastliches Haus Maus am Dom', die sich um den Aachener Dom gebildet hatten, Unterkunft und Verpflegung. So sind die Gaststätten heutiger Zeit wie 'Die Rose', 'Maus am Dom' oder die 'Albrecht Dürer Stube' in ihrer erhaltenen baulichen Erscheinung jene Herbergen des späten Mittelalters. Das Pilgern im Mittelalter hatte für die/den einzelne/n PilgerIn grosse Entbehrungen zur Folge. Die Menschen der einfachen und armen Stände pilgerten zu Fuss; oftmals sogar barfuss. So sorgte dann auch ein Spital am Münsterplatz für die Pflege erkrankter PilgerInnen. Das Gebäude beherbergt heute eine Bank. Zumal auch Krankheiten während der Heiligtumsfahrt überliefert sind. So berichten die Chroniken von einer Keuchhustenepidemie im Jahre 1510, der fast alle BürgerInnen der Stadt und die meisten PilgerInnen zum Opfer fielen. Im Jahre 1699 wird zudem von dem sogenannten 'Ungarischen Fieber' - dem heutigen Typhus - berichtet. Trotzdem war die Heiligtumsfahrt für die PilgerInnen nicht nur eine Erbauung für die Seele durch religiöse Einkehr. Es war ein Erlebnis, denn rund um den Aachener Dom, auf dem Katschhof und auf dem Münsterplatz gab es Verkaufsstände mit Devozionalien als Andenken, mit Getränken und kleinen Speisen. Gaukler und Musiker sorgten für die Unterhaltungsprogramme. Ein Event jagte das nächste - so würden wir heute wohl sagen.

Die wohlhabenen und adligen PilgerInnen reisten hingegen standesgemäß und bequem. Im Jahre 1344 pilgerte Aachener Grashausdas schwedische Königspaar Brigitte von Schweden und ihr Mann Ulf von Nerike nach Aachen. Die wohl spektakulärste Anreise hatte die ungarische Königin Elisabeth im Jahre 1357. Sie zog mit 700 Reitern in die Stadt ein. Ihr folgte im Jahre 1384 die dänische Königin Margarethe. Im Jahre1385 nahm aus der Nähe von Danzig die selige Dorothea von Montau an der Aachener Heiligtumsfahrt teil.
Sie logierten sicherlich in den besseren Herrenhäusern, oft auf Einladung und mit der Möglichkeit, von einem Balkon aus die Zeigung der Heiligtümer zu verfolgen. So war sicherlich das 'Grashaus' ein bevorzugter Aufenthaltsort. Das 'Grashaus' befindet sich direkt am Fischmarkt und wurde im Jahre 1267 von Meister Heinrich vollendet. Es wurde als das erste Rathaus der Stadt Aachen erbaut. In späteren Jahrhunderten diente das 'Grashaus' freilich auch als städtisches Gefängnis. Der Name 'Gras'  leitet sich in seiner Bedeutung aus dem mittelalterlichen Wort 'grazen' (= lamentieren, jammern) ab. Denn die Nachbarschaft beschwerte sich über die oft schimpfenden Gefangenen. Im Jahre 1881 wurden Reste der Gefängniszellen aufgefunden. Heute dient das 'Grashaus'  unter anderem als Aufbewahrungsort für wertvolle Dokumente aus dem Aachener Stadtarchiv.

Während der Aachener Heiligtumsfahrt wurden und werden in Aachen vier Reliquien gezeigt: Das Marienkleid, die Windel Jesu, das Lendentuch Jesu und das Enthauptungstuch von Johannes dem Täufer.
Im Jahre 1629 - der Zeit der Gegenreformation -  erhielt der Dechant und das Kapitel ein besonderes Geschenk. Die spanische Thronfolgerin Infantin Erzherzogin Isabella Eugenia stiftete kostbare Verpackungstücher. In ihnen wurden und werden die Reliquien zwischen den Wallfahrten verpackt.
In der ehemals freien Reichsabtei Kornelimünster, der heutigen Propsteikirche Sankt Kornelius wurden und werden drei Reliquien gezeigt: Das Schürztuch Jesu, das Grabtuch Jesu und das Schweisstuch Jesu.

An den feierlichen Zeremonien der Öffnung und der Schliessung  des Schreins nimmt unter anderem der jeweilige Oberbürgermeister der Stadt Aachen teil. Eine Ausnahme bildete die Aachener Heiligtumsfahrt aus dem Jahre 1937.
Während der Aachener Heiligtumsfahrt findet ein umfangreiches kirchliches und städtisches Kulturprogramm statt. Es reicht von liturgischen Veranstaltungen und Musik über Kunstausstellungen zum Thema oder weltlicher Art bis zu Ausstellungen zur Historie der Heiligtumsfahrt und zu den Geschichten von und über das Pilgern und die PilgerInnen. Ausserdem sind viele PilgerInnengruppen unterwegs, die sich nur für diesen Anlass zusammmengefunden haben, so zum Beispiel eine 'Öcher Wallfahrt' zu Fuss, die bewusst den Aachener Dialekt und die AachenerInnen in ihre Wallfahrt von Aachen nach Kornelimünster einbezieht.

Claudia Karl, Pressesprecherin der Aachener Heiligtumsfahrt, Franz Josef Staat, Leiter des Wallfahrtbüros und Hans-Günther Vienken, Wallfahrtsleiter über die umfangreiche Vorbereitung und Organisation zur  Aachener Heiligtumsfahrt 2007 zu Wort kommen. Pilger kommen ebenso zu Wort wie Schwester Susanne aus dem Kloster der Armen Schwestern vom heiligen Franziskus Aachen. Der Bauhistoriker Dr. Holger Dux stellt unter anderem die Geschichte der Aachener Heiligtumsfahrt, die Bauhistorie der um den Dom angesiedelten Gebäude, die Geschichte und die Geschichten der PilgerInnen in den Mittelpunkt.


Weiterführende Information:

Internetportal zum Aachener Münster: www.aachendom.de
Internetportal Orden der Armen Schwestern vom heiligen Franziskus
 
 
Links abgerufen im Juli 2007

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