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Einige Hörbeispiele zur Auswahl (wird gelegentlich ergänzt)

 

Gebaute Interviews

Euro-Mobbingtagung 2011

Mobbing - Folter am Arbeitsplatz. Eine Euro-Mobbingtagung 2011. Mobbing ist ein globales Phänomen und hat nichts mit Kulturen zu tun. Es ist Teil der Arbeitswelt. Was ist Mobbing und wie kann es verhindert werden. Eine europäische Tagung klärt auf.

 

Euro-Mobbingtagung

 

Euro-Mobbingtagung 2011
KurzFeature von Axel Gauster  © 2011 Axel Gauster / NGG-Region Aachen
Online-Text, Foto und Sprecher: Axel Gauster
Länge: 18:17 Minuten
mp3pro; 13,01 MB
 

Herzogenrath bei Aachen, Nell-Breuning Haus. Unter dem Titel: "Mobbing – Folter am
Arbeitsplatz. Eine europäische Herausforderung" findet am 2.-4. November 2011 eineinternationale Tagung statt. Die Veranstalter: Mobbingkontaktstelle im Bistum Aachen, mobbing asbl - der christliche Gewerkschaftsbund aus Luxemburg, DGB Region NRW Süd- West, CSC Verviers - eine Gewerkschaft aus Belgien, Mensch
und Arbeit - eine Betriebsseelsorge der Diözese Linz aus Österreich und das
Nell-Breuning-Haus. Die TeilnehmerInnen sind international.

Belgien, Deutschland, Irland, Rumänien, Türkei, Holland, Luxemburg, Österreich sind einige vertretene Nationen. Fachleute und Interessierte aus vielen sozialen, gewerkschaftlichen (unter anderem von der NGG-Region Aachen, der IG-Metall Aachen, dem DGB Nrw Region Süd-West Aachen), frei finanzierten und kirchlichen Einrichtungen sind es. Vorträge, Diskussionen, Open Space – Runden, Schlußfolgerungen, Ideen und erste Texte für eine europäische Anti-Mobbing Charta.
 

Das Thema wird von unterschiedlichen Seiten aus betrachtet.

Dr. Marie-France Hirigoyen ist Medizinerin, Familien- und Psychotherapeutin. Die französische Wissenschaftlerin befaßt sich seit fast fünfundzwanzig Jahren mit dem Thema Mobbing und seelische Gewalt.

Sie sieht die Ursachen von Mobbing auch in der Arbeitsorganisation eines Unternehmens. Die ist oftmals überholt oder einfach schlecht und die Führungskräfte weit weg von den Bedürfnissen der Beschäftigten. "Mobbing ist ein weltweites Phänomen. Es hat aber nichts mit Kulturen zu tun. Das ist ein Problem der Arbeitswelt, das mit den Veränderungen im Management zu tun hat und auch an Personen gebunden ist", fügt sie hinzu.

Dr. phil. Josef Schwickerath ist Psychologe. Er leitet das Europäische Zentrum für Psychosomatik und Verhaltensmedizin in Überherrn-Berus ganz in der Nähe von Saarlouis. Seit 1986 werden Mobbing-Opfer in dieser Klinik betreut. "Ohne professionelle Hilfe findet ein Mobbing-Opfer schwer oder garnicht aus seinem Leiden heraus. Das Problem ist immer die Beweislast. Was ist Mobbing und was ist es nicht. Sind Stress und Burnout nun Folge oder Ursache von Mobbing - zum Beispiel. Die psychosomatischen Erkrankungen sind aber erkennbar.
Es besteht gute Chance auf Heilung", sagt er. "Zwei von drei Patienten sind übrigens weiblich. Die häuftigsten Mobbing-Fälle finden sich auch in Deutschland in der Gesundheitsbranche", fügt er hinzu.

Mobbing kostet. Nicht nur die Gesundheit von Menschen.
Jean-Michel Miller von der Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, kurz Eurofond aus Irland. "Die Kosten für Volkswirtschaft und Unternehmen sind steigend. Die genaue Höhe der Kosten sind dabei nur schwer zu ermitteln". Dazu gehören Kosten für Prävention, Gesundheit, Medizin, Produktionsausfall, verminderte Steuern und andere noch nicht bekannte Posten. "Finanzkrisen, Bankenkrisen, Schuldenkrisen. Die fördern geradezu Mobbing am Arbeitsplatz. Wenn sich nicht bald ein größeres gesellschaftliches Bewußtsein für das Thema Mobbing entwickelt, wird die Zahl der Mobbing-Fälle weiterhin stark zunehmen", fügt der Luxemburger hinzu.

"Das europäische Parlament hat sich schon sehr früh mit dem Thema Mobbing befaßt. 1989 entstand dann eine erste Richtlinie, die im Jahre 2007 zu einer Rahmenrichtlinie ausgebaut wurde", sagt Georges Bach, belgischer Abgeordneter im europäischen Parlament. In der europäischen Sozialcharta, der Grundgerechtecharta sind Arbeits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen aufgeschrieben. "Durch den Vertrag von Lissabon von 2009 ist die Charta endlich bindend. Ein europäisches Antimobbinggesetz scheitert oftmals an den unterschiedlichen Interessen der Mitgliedsländer. Es ist daher wichtig, daß die Sozialpartner auch auf nationaler Ebene dicke politische Bretter bohren, um entsprechende Gesetze zu erwirken."

Für Claude Denagtergal ist die Rolle der Sozialpartner von entscheidender Bedeutung. "Natürlich ist der europäische Gewerkschaftsbund mit allen Sozialpartner zu diesem Thema vernetzt." Claude Denagtergal aus Belgien vom Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB) wünscht sich aber auch, daß die Arbeitgeberseite mit an diesem Tisch sitzt. Zum Beispiel der Verband Businesseurope. "Das Problem ist uns bewußt. Wir handeln auf der Grundlage der europäischen Vereinbarungen. Wir bilden gewerkschaftsintern zu dem Thema Mobbing aber auch aus. Und wir sind bestrebt, nationale Rechtsgrundlagen für dieses Thema zu schaffen. Und wir wollen, daß in den Unternehmen endlich Sozialbilanzen aufgestellt werden. Was da an Posten hineingehört, müssen aber alle Sozialparter mitbestimmen", sagt sie.

Jeder achte Beschäftigte in Deutschland ist von Mobbing betroffen. Das sind zirka 3,8 Millionen Menschen im Jahre 2008. Die durch Mobbing verursachten Kosten alleine durch Arbeitsausfälle betragen etwa 15 Milliarden Euro.1)6)
Fünf bis zwanzig Prozent aller in Europa arbeitenden Menschen sind schon einmal gemobbt worden. Das sagt die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz.2)

Mobbing (englisch „to mob“) bedeutet Pöbel, über jemanden herfallen, jemanden attackieren. Workplace Bullying, Bossing, Harassment and Violence at Work sind auch Umschreibungen für dieses Wort. Mobbing ist das systematische, böswillige Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von ArbeitnehmerInnen untereinander oder durch Vorgesetze.
Ziel dieses Aktionen ist vorwiegend das Manipulieren wichtiger Funktionen und Aufgaben im Arbeitsleben des Mobbing-Opfers. Seelische oder körperliche Schikanen werden von einzelnen oder mehreren Personen am Arbeitsplatz gegen bestimmte Kollegen/Innen gerichtet.

In der skandinavischen Forschung steht der Begriff Mobbing bereits seit 1982 im Mittelpunkt wissenschaftlicher Betrachtungen. In Deutschland wird er im Jahre 1990 öffentlich gemacht.

Eine internationale Defininition gibt es für das Wort nicht. In Frankreich hat sich die Bechreibung „Moralische Belästigung im weitesten Sinne“ 3)4) durchgesetzt. Das liegt daran, weil es in Frankreich seit dem Jahre 2002 ein Anti-Mobbing Gesetz gibt. Auch in Belgien existiert eine vergleichbare Gesetzgebung.

In Deutschland ist ein solches Gesetz nicht geplant. Das Bundesarbeitsministerium verweist auf das Allgmeine Gleichbehandlungsgesetz, das Antidiskriminierungsgesetz und auf das betriebliche Eingliederungsmanagement. Das Landesarbeitsgericht in Erfurt stärkt 2001 in einem Grundsatzurteil den Schutz der Arbeitnehmer gegen Mobbing. Außerdem sind Leitsätze formuliert, die es ermöglichen Mobbing zu beurteilen. Nach diesen Leitsätzen ist Mobbing ein systematischer Psychoterror, der einen schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht und die Gesundheit bedeutet. Eine beim Petitionsausschuss des Bundestages eingereichte Petition für eine Mobbing-Gesetzgebung wurde am 19. April 2011 abgeschlossen. Danach halten der Petitionsausschuss ebenso wie die Bundesregierung die vorhandenen Gesetze zum Thema Mobbing für ausreichend.5)

Ein Positives Beispiel zum Umgang mit dem Thema Mobbing liefert der global arbeitende Konzern Danone. Das Unternehmen hat für alle seine Beschäftigten weltweit Präventionsmaßnahmen eingeführt, um Mobbing frühzeitig zu erkennen oder gar nicht erst aufkommen zu lassen.

Gemobbt wird überall und weltweit. In der Freizeit, in der Schule und eben auch am Arbeitsplatz.
Die Gründe sind vielfältig: Angst vor Arbeitsplatzverlust, Wut, Neid, Karrieredenken, Gleichgültigkeit, fehlende Anerkennung, schlechte Arbeitsorganisation und Kommunikationsprobleme sind nur einige der Gründe für dieses Verhalten.
Diejenigen Menschen, die mobben, sind nicht immer ArbeitnehmerInnen. Es gibt auch mobbende Vorgesetzte oder Verbünde von ArbeitnehmerInnen und Vorgesetzten, die eine/n Kollegen/In mobben.
Auch die Mobbing-Aktionen sind unterschiedlich. Sie beginnen mit dem Versuch, Menschen zur Anpassung zu zwingen und enden bei Aggression und Reaktion aufgrund von Geschlecht, Religion, Nationalität des Mobbing-Opfers.

Die Folgen für Mobbing-Opfer sind fast immer zwangsläufig: Verlust von Selbstwertgefühl und seelische Verletzungen, Depression, organische Erkrankungen wie zum Beispiel Herzbeschwerden und Magen-Darm-Erkrankungen, Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Arbeitsplatzverlust und die Entwicklung von chronischen Krankheiten, die nur mit medizinischer Hilfe erträglich bleiben. Auch Selbstmordgefährdung ist bei Mobbing-Opfern nicht auszuschließen.

In den meisten Fällen ist es den Opfern nicht möglich, selbständig aus dieser Lebenssituation herauszufinden. Daher ist es entscheidend, wann Mobbing festgestellt wird und wo es Hilfe gibt.

Alle Gewerkschaften, so auch die NGG-Region Aachen halten Informationen für Mobbing-Opfer bereit. Ein Netzwerk von Kontakten hilft, entsprechende Gesprächspartner/innen an Opfer weiterzuvermitteln. Betriebsräte und Personalvertretungen verfügen über Strategien, um Mobbing-Konflikte aufzulösen oder gar nicht erst entstehen zu lassen.


Ausgewählte Informationen und Quellen:


1)IFAK - Markt- und Sozialforschungsinstitut Ifak, Taunusstein bei Wiesbaden, 2008. Zitat und Quelle: Landesdirektion Chemnitz http://www.ldc.sachsen.de/11166.htm.

2)EU-OSHA - Europäisches Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitplatz. Bilbao, Spanien. (deutschsprachige Seite vorhanden).

3)Hirigoyen, Dr. Marie-France : Wenn der Job zur Hölle wird - Psychische Gewalt am Arbeitsplatz und wie man sich dagegen wehrt. München 2002, 396 Seiten.

4)Hirigoyen, Dr. Marie-France: Die Masken der Niedertracht. Seelische Gewalt im Alltag und wie man sich dagegen wehren kann. München 1999, 12. Aufl. 240 Seiten. Originaltitel: Le harcèlement moral – la violoence perverse au quotidien. Paris 1998.

5)Beschlussempfehlung Petitionsausschuss des Bundestages - Ablehnung einer Petition zum Thema Mobbing-Gesetz. Begründung des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages. Berlin 19. April 2011 (Format: pdf-Datei).

6)Anselm, Marina: Die hohen Kosten der Angst. - … Unternehmen verlieren 100 Milliarden Euro jährlich. Welt-Online. Berlin 06.08.2006.

Schwickerath, Dr. Josef, W. Carls, M. Zielke: Mobbing am Arbeitsplatz. Grundlagen, Beratungs- und Behandlungskonzepte. Lengerich 2004.

Europäische Menschenrechts- und Sozialcharta  - amtliche Übersetzung Deutschland. Turin, 18.10.1961. Abgerufen am 24. Februar 2011.

Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG - Mannheim 2007.

Eurofond - Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen. Dublin, Irland.

European Trade Union Confederation (ETUC) - Europäischer Gewerkschaftsbund (EGB), Brüssel (Webportal auf Englisch).

Europäisches Zentrum für Psychosomatik und Verhaltensmedizin -  Überherrn-Berus.

mobbing asbl - Mobbing asbl (Lëtzebuerger Chrëschtleche Gewerkschaftsbond), Luxembourg, Luxemburg.

mensch & arbeit - Mensch & Arbeit. Linz, Österreich (Betriebsseelsorge Oberösterreich).

CSC Verviers - Verviers, Belgien (Confédération des Syndicats Chrétiens).

Nell-Breuning-Haus - Herzogenrath bei Aachen.

Mobbing-Kontakt-Stelle  -  Aachen
Mobbingtelefon:  0800/820182 (kostenfrei), Montag und Donnerstag 18 bis 20 Uhr. Persönliche Beratung/Termin: 02421/2084677 (Anrufbeantworter, Rückruf).

MobbingLine NRW  -  MobbingLine NRW, Düsseldorf; Telefon: 01803 100 113.

Links abgerufen im November 2011

 

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